24.11.09

24.11.09 - Märkische Allgemeine

MUSIK: „Scherben“-Erben ließen Rio auferstehen

Konzert der Rostocker Band „Die Rettung“ in Bendelin fand wenige, aber begeisterte Zuhörer

BENDELIN - Wenn Rio Reiser wirklich „hier oben auf meiner Wolke“ sitzt, wie er einmal im Liebeslied „Junimond“ behauptet hat, hätte er wahrscheinlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge hinunter nach Bendelin geblickt. Im Saal des dortigen „Storchenhofs“ spielte die Rostocker Band „Die Rettung“, die am Freitagabend nur Lieder von Rio Reiser oder seiner Band „Ton, Steine, Scherben“ im Repertoire hatten. Ein lachendes Auge, weil Sänger „Matt“ und seine Bandkollegen den Sound der Scherben wirklich gut hinkriegen, ohne sklavisch an den Originalen zu kleben – ein weinendes, weil nur knapp 40 Zuhörer nach Bendelin gekommen sind. Meist sind es jüngere Semester, die den einstigen „König von Deutschland“ gar nicht mehr zu Lebzeiten gesehen haben können „Die Lieder von Rio und den Scherben sind eben einfach zeitlos“, erklärt Manager Malte Jochimsen. Er hat wie die in Bendelin lebende Familie Kleis Rio nicht mehr kennengelernt, wohl aber dessen Angehörigen und die versprengten „Scherben“, die im Hauptquartier in Fresenhagen anzutreffen sind.

Zeitlos ist eine Untertreibung, viele Titel sind sehr aktuell: „Menschenfresser“ etwa, in dem es um die üblichen Mitläufer und Schreibtischtäter geht. Im Text heißt es: „Menschenfressermenschen fressen Menschen selten selber, Menschenfressermenschen haben ihre tausend Helfer.“ Und natürlich „Alles Lüge“, in dem Rio, damals schon solo, über Vorurteile und Manipulation der Gesellschaft singt.

Hat „Die Rettung“ nicht dasselbe Problem wie die „Scherben“ – sehr beliebt, aber von ihrer Musik können sie nicht leben? Sind sie nicht letztlich daran zerbrochen? Gerade als Manager Malte antworten will, unterbricht ihn ein Fan: „Die sind zerbrochen, weil jeda sein eigenet Ding machen wollte. Und dit is Punk.“ (Von Andreas König)

07.09.10