24.07.09

24.07.09 - Märkische Allgemeine


Nicht hinterm Mond leben, sondern mit ihm Lebensart Pensionsbetreiberin Barbara Fuchs bietet Biologisches statt „Fast food“ / Ihre Gäste schätzen die langsame Gangart

Schneller, höher, weiter – der Leistungsstress zwängt viele Menschen ins berühmte Hamsterrad. Barbara Fuchs erteilt diesem Stress eine Abfuhr. Auf ihrem STORCHENHOF wird „Slow Life“ (langsames Leben) praktiziert.

Von Dorothea von Dahlen


BENDELIN Als die Familie aus Berlin-Marzahn mit ihren fünf Kindern eintraf, war es mit der Ruhe erst mal vorbei. „Die sind hier drei Tage lang schreiend herumgerannt. Ständig piepte ein Gameboy“, erinnert sich Barbara Fuchs. Doch irgendwann holte das idyllische Fleckchen Erde in BENDELIN auch die leicht gestörten Großstädter ein. Nach einer Woche bewegten sie sich ruhiger. Die Kinder waren sogar in der Lage, sich einem Brettspiel zu widmen. „Das kannten sie nicht“, erzählt die Pensionschefin.

Die heilsame Stille des BENDELINer STORCHENHOFs genießen inzwischen Besucher unterschiedlichster Couleur. Telekom-Manager, die sich zum Seminar auf der Butterblumenwiese niederlassen, der Malkurs aus Berlin, dessen Teilnehmer gar nicht so viele Farbtuben mithaben, um alle Lieblingsmotive auf Papier zu bannen, oder der Pilger, der ein Quartier abseits des Trubels sucht – sie alle haben den Aufenthalt in der Herberge als äußerst wohltuend empfunden. „Zieht man die Hoftür hinter sich zu, betritt man das Paradies“, urteilte unlängst ein Wanderreiter, der bei Barbara Fuchs eingekehrt war, in einer Pferdezeitschrift.

Nach ihren Erfahrungen kommt selbst der sonst so gestresste Manager, der ständig Zukunftspläne schmiedet oder dem nächsten Termin hinterherjagt, nach kurzer Zeit in der Gegenwart an. Er nimmt den Geruch frisch geschnittenen Heus oder das Schnattern der Hofgänse wahr. „Mehr braucht es oft nicht zum Glück. Wenn die Leute beobachten können, wie gerade ein Küken aus dem Ei schlüpft oder die Enten auf dem Teich langpaddeln, dann sind alle begeistert“, erzählt Barbara Fuchs.

Das Leben im Hier und Jetzt, das sich keinem Leistungsstress beugt, ist für Barbara Fuchs zur Philosophie geworden. „Man lernt hier mit den Jahreszeiten zu leben und bekommt Respekt vor der Schöpfung“, sagt sie. Deshalb wird man bei ihr vergeblich nach Tütensuppe oder dem Fertiggericht für die Mikrowelle suchen. „Slow Food“ statt „Fast Food“ ist ihre Devise. „Bei mir gibt es nur Produkte, die langsam gewachsen sind und Zeit hatten, Geschmacksstoffe einzulagern. Turboschweine, die in wenigen Wochen gemästet wurden, kommen bei mir nicht auf den Tisch“, sagt sie. Die begeisterte Köchin schätzt sich glücklich, Erzeuger natürlich belassener Lebensmittel direkt in ihrer Umgebung zu wissen. Die Milch bekommt sie vom örtlichen Landwirt. Erntefrisches Gemüse und Kräuter bezieht sie von den Biobauern Gudrun und Michael Wuttke aus dem Nachbardorf Karlsruhe oder dem Ökohof Waldgarten aus Barenthin. Aus dem selben Ort stammt auch der Schafskäse, den die Betreiber des Sophienhofes herstellen.

Wie das „langsame Essen“ schmeckt, das können Besucher des STORCHENHOFs selbst testen. Für jeden dritten Sonntag im Monat lädt Barbara Fuchs sie zum Landbrunch ein. Die Erzeuger bringen dazu ihre Produkte mit und bieten sie feil. Aus dem jeweiligen Angebot der Saison bereitet Barbara Fuchs dann ein großes Buffet zu, an dem sich die Gäste beköstigen können. „Es ist ganz spannend. Oft weiß ich vorher gar nicht, was gerade geerntet wurde“, erzählt die WahlBENDELINerin.

Die Gerichte, die sie aus den Überraschungszutaten zauberte, scheinen aber bislang den Geschmack des Publikums getroffen zu haben. Nahezu jeder zweite Besucher, der sich ins Gästebuch des STORCHENHOFs eingetragen hat, schwärmt in höchsten Tönen von den Kochkünsten der Gastgeberin.